Ich hatte einmal einen Kollegen, der sagte mindestens in jedem zweiten Satz sozusagen. Sozusagen war sozusagen sein Lieblingsfüllwort. Er sagte nie gewissermaßen oder quasi (was wiederum ein ehemaliger Kommilitone von mir sozusagen ständig sagte). Nein, er baute gewissermaßen fortlaufend das Füllwort sozusagen ein.

Am Ende des Tages ist gewissermaßen eine schöne Satzeinleitung, wenn man zum Ausdruck bringen will, dass es darauf ankommt, was hinten rauskommt (Helmut Kohl). Am Ende des Tages klingt sozusagen wesentlich poetischer und gebildeter als Wichtig ist, was hinten rauskommt. Aber nur, wenn man es nicht dauernd sagt.

Karl-Heinz Rummenigge, auch kurz KHR genannt, war ein begnadeter Fußballer. Ein fintenreicher und schneller Stürmer mit einem guten Abschluss, was am Ende des Tages sozusagen zu vielen Siegen seiner Mannschaft und dem Erringen so manchen Pokals beitrug. Sprachtechnisch allerdings ist KHR in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzender beim FC Bayern eher ein Katsche Schwarzenbeck. Nichts gegen Katsche Schwarzenbeck, er war ein solider Vorstopper, an dem man ersteinmal vorbeikommen mußte (als gegnerischer Stürmer). Franz Beckenbauer, sprachtechnisch auch alles andere als eine Lichtgestalt, sagte ja mal scherzhaft über den Schwarzenbeck Katsche, der habe den linken Fuß nur zum Bierholen.

Aber das gewissermaßen nur nebenbei. Dass KHR als Westfale Vorstandsvorsitzender des FC Bayern werden konnte, ist erstaunlich. Der gemeine Bayer würde dies wohl dahingehend kommentieren, dass das sowieso und genau und hostmi jederzeit besser sei als ein Franke. Wenn KHR jetzt sagt, klingt es wie getz. Das ist dort wo KHR herkommt, womöglich eine gängige Aussprache von jetzt. Dort wo KHR aber jetzt wirkt, in München, sagt man statt jetzt – etzad. Oder jetzat. Jedenfalls sozusagen keinesfalls getz. Und wenn KHR über Transfers spricht, die jetzt respektive jetzad respektive getz eingefädelt werden (vom Brazzo), dann betont er das Wort Transfer auf der ersten statt auf der zweiten Silbe. So sagt man wohl in Lippstadt/Westfalen, wo KHR herkommt.

Wenn Rummenige, dessen stramme Stürmerwadln einst besungen wurden, sich dann in teleologische Narrative hinsichtlich der Transferaktivitäten (Betonung auf der 1. Silbe!) des FCB hineindribbelt, dann sagt er immer Am Ende des Tages. Am Ende des Tages werde man dann sehen, was am Ende des Tages herauskomme. Aha. Beziehungsweise genau.

Nachfolgend ein Beweisvideo:

An nicht am Fußball interessierte Mitmenschen sei appeliert, bis zum Ende der ca. 4 Min. Spielzeit durchzuhalten. Denn da werden wir mit einer rhetorischen Kirsche auf dem Sahnehäuchen belohnt. Nämlich mit dem Satz Wir sind bereit, und ob am Ende des Tages solche Dinge dann uns reinlaufen, wird man in aller Ruhe abwarten müssen. Herrgottsaggra, schöner hätte man es nicht sagen können.
So kann man gewissermaßen nur in die Hymne von Alan und Denise aus dem Jahr 1983 einstimmen, die da sangen Rummenigge Rummenigge what a man! Oder?

Text: © Lothar Eder 2019
Beitragsbild: Pixabay
BEitragsideo: Youtube

Ein Gedanke zu “Post aus Wörding – am Ende des Tages

  1. Haben die Fußball-Manager alle den gleichen Rhetorik-Berater?

    Hier die Am-Ende-des-Tages-Rangfolge:
    1. Kalle-Nervig Rummenigge ca. 1000 mal täglich
    2. Fredi Bobic ca. 700 mal täglich
    3. Watzke ca. 500 mal täglich
    4. Lutz Pfannenstiel ca. 450 mal täglich
    5. Rudi Völler ca. 300 mal täglich

    Dann noch die Ein-Stück-weit-Reihenfolge:
    1. Max Eberl ca. 1000 mal täglich

    Dann noch die In-wie-weit-Reihenfolge:
    1. J. Wontorra ca. 500 mal pro Sendung
    2. Tochter Wontorra ca. 400 mal pro Sendung

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