Wir Kinder der Nachkriegszeit sind es gewohnt, in ferne Länder zu reisen. Ebenso genießen wir die Mango und die Bananen aus Mittelamerika, die Erdbeeren kommen aus Spanien und die Orangen zur Weihnachtszeit aus Israel. In letzter Zeit regen sich im Rahmen der Klimadebatte ideologische Stimmen, die dies kritisch sehen. Aber auch Klimaaktivisten finden nichts dabei, in ihrer „Freizeit“ mal eben nach Bali zu fliegen, so als ob ihr CO2 Ausstoß weniger zählen würde als der „normaler“ Menschen.

Einen ganz anderen Blick auf dieses Verhalten wirft Wolf-Dieter Storl in seinem neuen Buch über seinen Lehrmeister Arthur Hermes („Der Weise vom Mont Aubert – Erinnerungen an Arthur Hermes“).
Hier begegnet uns eine im besten Sinne „alte“ Haltung zum Leben und zur Welt, wie man sie beispielsweise auch von Masanobu Fukuoka, einem der Gründerväter der ökologischen Bewegung kennt.

Arthur Hermes sprach von der Schollentreue. Die Menschen seien in ihrem Essverhalten und in ihrer scheinbaren „Weltläufigkeit“ abgespalten von ihrer heimatlichen Erde. Wer jetzt vielleicht gleich an die sog. „Blut und Boden“-Ideologie des Nationalsozialismus denkt, wird gedanklich gleich wieder umkehren müssen. Denn Hermes war ein Verfolgter des NS-Regimes und vor dem Tod durch Erschießung rettete ihn 1945 nur der Einmarsch der Franzosen am nächsten Tag.

 

 

Schollentreue meint die tiefe Verbindung des Menschen zu dem Stück Erde, auf dem er lebt. Diese Lebensart war abgesehen von den durch klimatischen Wandel erzwungenen Wanderbewegungen der Völker in prähistorischen Zeiten bis zur Zeit der industriellen Revolution die übliche, sodass es auch kein Wort dafür brauchte.

Das Wort bringt uns in Berührung mit der ursprünglichen Lebensweise des Menschen und der damit verbundenen ursprünglichen Naturspiritualität. In dieser Sicht ist der Mensch nicht einfach ein Bewohner eines Grundstücks oder eines Areals. Vielmehr ist er verbunden mit den Kräften und Energien des Ortes. Verbunden mit der Erde und dem Himmel. Den Bäumen, den Tieren und allen Pflanzen.

Dieser Mensch der vorgeschichtlichen und antiken Zeit, die bis in die Moderne hineinreichte, konnte in Verbindung sein mit dem Leben in ihm und und um ihn herum. In moderner Sprache könnte man diese Auffassung eine ökosystemische nennen. Alles ist von Leben und Wandel durchdrungen und alles ist aufeinander bezogen. Der Mensch pflegt den Boden, die Pflanzen und die Tiere und diese beschenken ihn mit ihrer Vitalität und den Nährstoffen, die er braucht.

 

Permakultur

 

Manche Vertreter dieser Sichtweise gehen soweit anzunehmen, dass die Erde die Giftstoffe, die der Mensch über seine bloßen Füße beim Gehen in sie abgibt, aufnimmt, „versteht“ und eben die Pflanzen wachsen lässt, die er für seine Heilung braucht. Auch siedeln sich genau jene Pflanzen „spontan“ auf dem Grund der Familie an, die gebraucht werden.

Mensch, Boden, Pflanzen und Tiere sind in diesem Verständnis ein komplexes aufeinander bezogenes Austausch- und Rückmeldesystem, in dem jeder seinen Platz hat, versorgt ist und damit Heimat hat.
Der Mensch ist dann keine beherrschende Figur mehr, der sich irgendetwas „untertan“ macht. Vielmehr weiß er um seine Verantwortung, das Leben zu pflegen, damit es ihn selbst nährt und ihm Heimat gibt.

Ist das nicht eine schöne Vorstellung?

Dank an Wolf-Dieter Storl, der uns in diesem Buch auf seine unnachahmliche Weise den Weisen Arthur Hermes und seine Philosophie nahebringt.

Storl, Wolf-Dieter; Der Weise vom Mont Aubert. Ein Leben im Einklang mit der Natur. AT Verlag 2023

 

 

 

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Beitragsbilder: Lothar Eder, Stanly8853 auf Pixabay und jhfl auf Pixabay

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