Aktuell findet in der Akademie im Park in Wiesloch bei Heidelberg die Ausstellung „Der gedehnte Blick“ statt. Die Ausstellung zeigt Gemälde von Iris Kamlah und Fotografien von Lothar Eder. Wie sich bei der Konzeptbesprechung vor einem Jahr herausgestellt hatte, finden sich in den Arbeiten beider Künstler erstaunliche formale und farbliche Parallelen, sodaß nicht einfach nur eine Doppelausstellung gehängt wurde. Vielmehr wurden viele der Arbeiten paarweise gehängt, sodaß sich Gemälde und Fotografie ergänzen und gegenseitig akzentuieren.
Aus der Laudatio von Prof. Tina Stolt:
„Iris Kamlah malt nicht-abbildlich, sondern abstrakt. Die reduzierte, feine Farbigkeit hat sich mit der Zeit entwickelt, früher war es bunter und voller auf den Bildern. Es gibt eine geometrische, fast lineare Grundstruktur, die das Gerüst für die weiteren Bildentscheidungen bildet. In Variationen und Serien werden die Möglichkeiten untersucht, die Kontraste geschärft, die Gegensätze herausgearbeitet. Kleine, graphische Störungen werden eingebaut, Bewegungen gegen Ruhegesetzt. So entsteht nach und nach ein Bildraum, der konzentriert und doch offen ist.
Lothar Eder hat verschiedene Hauptmotive in seinen Fotografien. Dazu gehören Landschaften, aber auch Details, Fundstücke wie die Oberflächen von Wasser, die ganz reduziert und im Ausschnitt fast eine Abstraktheit erreichen, dazu gehört das Fenster als Motiv und Symbol für die Frage nach dem Innen und Außen; oder das Fenster als geometrische, abstrakte Figur im natürlichen Umfeld, und dazu gehören auch visuelle Fundstücke zwischen Licht und Schatten wie die rot-schwarzen Bilder, die in der Wirkung näher an der Malerei scheinen als an der Fotografie. Beide benutzen nicht nur den Pinsel oder das Licht, sondern beide arbeiten auch mit der Zeit. Es geht um Momente, die gesehen und gezeigt werden – in der Fotografie bemerkenswerte, besondere und besonders schöne Momente, die durch Licht, Kontraste und Ausschnitt konzentriert werden. In der Malerei ist das Bild der Moment, in langem Arbeitsprozess auf den Punkt gebracht.
In beiden Fällen müssen wir als Betrachterinnen und Betrachter etwas tun, aktiv werden. Ja, wir können uns auch damit zufrieden geben, eine Landschaft zu sehen oder einen schönen Farbverlauf bewundern, aber dann haben wir nicht alles gesehen. Erst, wenn wir anfangen, die Feinheiten zu beachten, die Differenzierungen, die Entscheidungen, die dahinter stehen, die Spannungen, das errungene Gleichgewicht, dann wird sich etwas mit unserem Blick ändern und wir sehen mehr.
Die Künstler sammeln die Spuren, die Momente des Erkennens auf, konzentrieren sie für uns und halten so für einen Moment die Zeit des schnellen nach Vorne wohin auch immer Rennens im Triathlon der Bilderflut an und werfen einen Blick zurück.
Lassen Sie mich an dieser Stelle einen Werbeprospekt der Zeitschrift art aus dem Jahr 1984 zitieren, der es besser als ich auf den Punkt bringt:
Die Auseinandersetzung mit der Kunst schärft das schöpferische Denken. Das hat Folgen nicht nur für Ihre Freizeit-Qualität, sondern auch für Ihre berufliche Tagesarbeit.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen Zeit zu sehen und sich zu freuen!“
Die Ausstellung ist verlängert worden und noch bis Ende April 2017 zu sehen.
Nähere Information:
http://www.akademie-im-park.de/die-akademie/kulturveranstaltungen/event-details/veranstaltung/16102016-vernissage-zur-ausstellung-der-gedehnte-blick/