„Freilich, wenn du nicht blättern und lesen würdest, nur sitzen, nur an den Umlauf denken, nur darauf lauern, bis die Tür sich öffnet, dann wäre deine Lage noch beschwerlicher, die Wartezeit verginge kaum, und je mehr sie sich dehnte, als desto leerer und fahler empfändest du sie. Es scheint, sagst du dir jetzt zusammenfassend, daß alles Starren oder Harren auf ein Noch-Nicht das Jetzt seltsam entwertet. Es ist, als ob die Vorherrschaft des Künftigen und des Erwarteten die Gegenwart aufzehrte und ihres Eigenwertes beraubte. Bildlich: Du schaust gebannt zum Horizont, der Vordergrund verschwimmt, ist wie nicht da. Man könnte folgern, daß der Wartende nicht wirklich lebt, sofern man unter ‚Leben‘ das aktuelle Hüpfen im Hier und Jetzt verstehen will, das Gehen über Wiesen, das Schlürfen eines edlen Tropfens, das wache Handeln, Schauen, Denken, kurz eben die Bewegung des Gegenwärtigen und die bewußte Wahrnehmung des Vordergrunds.“
Markus Werner, Bis bald, S. 119-20 der TB Ausgabe