Ich stand in der Filiale einer bekannten Drogeriemarktkette (deren Namen an eine in Deutschland und der Welt einmal sehr geschätzte Währung erinnert) vor dem Regal mit den Zahnbürsten. In der Nähe eine Mitarbeiterin, die irgendetwas auspackte. Ein Kunde, ein älterer, südländisch aussehender Herr, angenehm gekleidet, trat auf sie zu. „Bedienen Sie hier“, fragte er freundlich. „Ich arbeite hier“ erwiderte die Mitarbeiterin scharf. Der Herr ließ sich nicht beirren. „Wissen Sie, ich habe so trockene Haut, da suche ich eine Creme“. „Die finden Sie einen Gang weiter auf der linken Seite“ war die knappe Antwort.
Ich weiß ja, daß derzeit alles in eine ungemütliche Beschleunigung mündet, die sich mit Angespanntheiten allerorten paart. Dazu kommt im Servicebereich oft eine aufgesetzte Freundlichkeit, wie man sie aus Amerika kennt, die sich mit einer Stoffeligkeit abwechselt wie man sie früher nicht kannte. Und ich weiß auch, wie sehr Mitarbeiter im Einzelhandel unter Druck stehen, welche Erwartungen sie erfüllen müssen usw. undsofort.
Dennoch: am liebsten hätte ich den freundlichen älteren Herrn bei der Hand genommen und wäre mit ihm zurückgegangen in die siebziger oder sechziger Jahre. In eine Drogerie (ja, sowas gabs mal!). Wie das geduftet hat damals! Es gehen ja nicht nur die Orte, z.B. Geschäfte alten Typs verloren. Mit ihnen verschwinden die altgewohnten Gerüche, was mindestens genauso schlimm ist. Und ich stelle mir vor, wie eine nette Dame in Rock und Bluse oder meinetwegen im weißen Drogistenkittel auf den Herren zutritt und ihn freundlich bedient. „Sehen Sie mal“, würde sie vielleicht sagen, „und hier haben wir noch etwas für den reiferen Herren, diese Creme hat einen angenehmen Zederngeruch“. Oder so ähnlich. Und der Mann wäre glücklich, und er würde sich mit seiner neu erworbenen Creme auch die Freundlichkeit dieses Verkaufsgespräches auf die Haut auftragen.
In Wirklichkeit aber stand ich wenig später an der Kasse, legte meinen Dreierpack Zahnbürsten aufs Band, bezahlte und quittierte das heruntergeleierte „schönen Tag noch“ der Kassiererin mit einem „Ebenso!“.