Das Kalenderblatt vom Dezember ziert ein Zitat des österreichischen Tiefenpsychologen Viktor Frankl, dem Begründer der Logotherapie und der Existenzanalyse.
Das Zitat beschäftigt sich mit dem Freiraum, den jeder Mensch hat. Dieser Freiraum ist innen, nicht außen.

Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum.
In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion.
In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit.

Viktor Frankl

Reiz und Reaktion

Lerntheorie und Verhaltenstherapie erklären das Seelische als einen Zusammenhang zwischen einem äußeren Auslöser (Reiz) und einer Reaktion (Verhalten). Später, als man in Erwägung zog, dass es innerseelische Prozesse gibt, welche die Reaktion zumindest mitbestimmen, kam die sog. „Organismusvariable“ (O) hinzu. Damit ist gemeint, dass die Biografie eines Menschen, seine Geschichte und sein Umgang mit seinen Gedanken und Gefühlen eine wesentliche Rolle dabei spielen, wie er auf ein äußeres Ereignis reagiert.

Auf diesen Raum bezieht sich Viktor Frankl und präsentiert ihn uns als den Raum unserer Freiheit und unserer Entwicklungsmöglichkeiten.

 

Freiraum, Selbstverantwortung und Selbstregulation

Wir haben stets die Freiheit, wie wir auf ein Ereignis reagieren. Wenn wir uns über jemanden oder etwas ärgern, können wir selbst entscheiden, wie wir darauf reagieren. Ob wir z.B. unseren Ärger dem anderen gegenüber ausagieren oder ob wir erst einmal durchatmen um unseren Stress zu regulieren und erst dann der anderen Person gegenüber reagieren.

Wir haben in den letzten Jahren erlebt, wie uns Regierung und Medien in Panik versetzt haben, um uns zu einem bestimmten Verhalten zu bringen. Wir hatten aber die Freiheit, zu reflektieren, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen wirklich vernünftig sind und ob wir sie wollen. Es lohnt sich, sich die Angst, die in einem entsteht, anzuschauen und dann erst zu entscheiden, was zu tun ist.

Frankl nennt diesen Raum einen Raum der Freiheit und der Entwicklung. Wie recht er hat. Wir sind keine Reiz-Reaktions-Maschinen, die auf dasjenige Pferd in uns aufspringen müssen, das am stärksten herumspringt und losrennen will. Wir sitzen im Sinne von Platon (Gastmahl) auf dem Kutschbock und haben die Zügel in der Hand, wenn wir uns dessen bewusst sind.

Lass Freiraum in dir entstehen

Diese Aufforderung finden wir in vielen Lehren zur seelischen und geistigen Entwicklung, sei es im Buddhismus oder auch im christlichen Bereich bei Meister Eckhart.
Auch das Focusing von Eugen Gendlin, eine psychotherapeutische Methode, verwendet den inneren Freiraum zur Entwicklung der eigenen Wahrheit und Sicht auf die Dinge.

„Lass Freiraum entstehen zwischen dir und deinem Problem“ lautet in Anlehnung daran Rezept 5 der 12 Rezepte für deine Seele (www.12-rezepte.de). Gerade in der gegenwärtigen komplexen Welt, der Leistungs- und Konsumgesellschaft brauchen wir oft genug klare Orientierung, um unseren inneren Kompass wiederzufinden und unser Stresserleben und unsere Belastung gut regulieren zu können.

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Kalligrafie: Hans Neidhardt

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