Oft wird gesagt, dass es ein wichtiges Element des Glücklichseins sei, auch die „kleinen Dinge des Alltags“ wahrzunehmen.
Auch wenn dieser Satz so abgegriffen ist wie eine Türklinke aus dem 12. Jahrhundert – er hat eine Wahrheit.

Schon als Kind haben mich Lichtspiele fasziniert, die durch den Einfall von Sonnenlicht z.B. an einer Wand entstehen. Derlei „Erscheinungen“ ereignen sich täglich, zumindest wenn die Sonne scheint. Dennoch schenken wir ihnen kaum Beachtung. Dabei sind sie bei genauer Betrachtung wunder-bar.

Der Alltag, letztlich wir selbst, lassen uns meist zuwenig Zeit, um derlei Dinge wahrzunehmen. Deshalb gehen wir, wie der Dichter über die traurige Rose am Wegesrand schrieb, meist achtlos daran vorbei.

Und genau: sie sind ja auch nicht dinghaft. Noch mehr: sie sind weder greifbar noch dauerhaft. Meist laufen wir lieber den „wirklichen“ Dingen oder den Ereignissen, die medial präsent sind, hinterher.

„Hast du das schon gesehen“ fragen einen die Leute oft. Sie meinen dann eine Fernsehsendung, einen Internetbeitrag, einen Film o.ä.
Dann stelle ich mir vor, der Fragende würde jeden Tag in einem Raum seiner Wohnung eine bestimmte Lichtspiegelung sehen. Je nach Sonnenstrahlung und -stand wäre sie jeden Tag anders. Sie würde im Jahreskreis ihre Gestalt verändern, manchmal vielleicht vollkommen wegbleiben und nur zu bestimmten Zeiten auftauchen.

„Hast du das schon gesehen“, würde ich den Fragenden gerne fragen, „dieses ganz besondere Lichtspiel? Nimmst du dir Zeit, seine Schönheit und seine Kraft in dir aufzunehmen? Ist dir bewußt, dass es diese Erscheinung in dieser Form nur bei dir gibt? Sie ist einzigartig! Kannst du spüren, wie es deiner Seele wohltut, innezuhalten und dich ganz der Betrachtung und der Aufnahme dieses Bildes zu widmen“?

Nun, ich gebe zu, meist bin ich selbst auf der Seite des Fragenden und hetze durch den Tag. Vielleicht um dem entgegenzuwirken, habe ich mir vor vielen Jahren eine Kamera (und nicht nur eine) gekauft und vor etwa 20 Jahren mit einer fotografischen Serie begonnen, die sich diesem Thema widmet

Die „Erscheinung vom 30. April 2024“ habe ich schon des öfteren bemerkt und mir vorgenommen, sie aufzunehmen.
Heute war es dann soweit.