In einem Roman von Ulrich Schacht (Notre Dame, S. 222) finde ich dieses Zitat von Paul Valéry aus seinem Vorwort zu „Mer, Marines, Marins“. Ich habe diese Passage immer und immer wieder gelesen und finde darin wieder, was mich am Meer so fesselt, mich sehnsüchtig nach dem Meer sein läßt, mich immerfort zu ihm ruft. Es ist sicherlich so, daß am Meer eine alte, uralt-archaische Stimme in uns erwacht. Eine Stimme, die zu den Ursprüngen ruft. Denn aus dem Meer kommen wir, wie alles Leben.
Valéry gießt diese Anziehung in Worte und Sätze: das Meer spiegelt Seelenzustände wider. Wühlt sie auf. Läßt sie still werden. Bringt uns in die Tiefe. Und zeigt uns die Möglichkeiten unseres Da-Seins.

„Himmel und Meer, die unlösbar gepaarten Ziele des Blickes, der weiteste Weiten umspannt, die einfachsten, die freiesten dem Anscheine nach, in allen Ausdehnungen ihrer unermeßbaren Geschlossenheit die wechselreichsten – und doch je und je sich selber gleichsten, die am sichtbarsten dazu verurteilten, immerdar die selben Zustände der Stille und des Aufruhrs, der Trübung und der Durchsichtigkeit wieder aufzunehmen. …
Wenn einer, müßiggehend am Ufer des Meeres, zu entziffern versucht, was angesichts seiner in ihm keimt; wenn er – auf den Lippen das Salz und im Ohre die schmeichelnde Liebkosung oder den Stoß des Rauschens oder des Pralles der Flut – sich in diesem allgewaltigen Gegenwärtigsein zur Antwort stellen will, findet er in sich abgerissene Gedankenreihen, Fetzen von Gedichten, Schattenbilder von Taten, Hoffnungen, Bedrohlichkeiten – ein ganzes Durcheinander durch diese Größe aufgerührter und hin und her geworfener Anwandlungen und Bilder – Größe, die sich darbietet, die sich wehrt, die durch diese Ausdehnung aufruft zu unternehmen und durch ihre Tiefe abschreckt, es zu wagen.

In meinen Gedanken suche ich mit all dieser Zaubermacht des Meeres zurechtzukommen, indem ich mir sage, daß es nicht aufhöre, meinen Augen das Mögliche vorzuführen … „

 

Fotografie: SEESTÜCK (Garafia II) © Lothar Eder 2018

 

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