Wenn der Mensch in deutschsprachigen Gefilden einstmals seiner Freude, seiner Begeisterung oder seiner Anerkennung Ausdruck verleihen wollte, so griff er zu Lauten bzw. Worten wie „Uiii“, „Hurra“, „Hei, wie schön“, „Sauber“ oder „Respekt“.
Im Gefolge des Tschu-ing Gamm hielten gewisse sprachliche Neuerungen ihren Einzug, die auch zu Vereinfachungen führten. Denn heute haben wir  für all die Vielfalt von Lauten und Worten, mit der wir uns ehedem herumschlagen mußten, ein einziges, und das heißt WAU.

Zu beachten ist beim WAU allerdings, dass man es nicht mit einem hierzulande üblichen W intoniert, sondern mit einem angloamerikanischen. Man bringt also bei diesem W nicht die obere vordere Zahnreihe an die Unterlippe und läßt Luft ausströmen. Tut man dies, wird man von aufmerksamen Mitmenschen gleich auf die falsche Aussprache hingewiesen. Nein, das  WAU mit dem Amerikanerwee geht so, dass man die Lippen nach vorne hin schürzt und gleichzeitig rundet, Luft ausströmen läßt und zur Lauterzeugung die Kinnlade nach unten kippt, währenddessen sich das Lippenrund weitet, dann wieder schließt und die Kinnlade wieder nach oben klappt. Dazu kommen mimische Elemente: einhergehend mit dem Herunterklappen der Kinnlade (nicht zuviel, nicht zuwenig!) werden die Augen geweitet und der Kopf durch Dehnen des Nackens etwas nach vorne gereckt. So hat der Amerikaner uns eine schöne Maul-, Augen- und Nackengymnastik beigebracht – nein, wir äffen sie ja eher nach – die schlichtweg als kuhl zu bezeichnen ist. Oder eben als WAU. Oder?

 

Text: © Lothar Eder 2019
Beitragsfoto: Pixabay

2 Gedanken zu “Post aus Wörding – Wau!

  1. Ich frage mich gerade, ob es irgendeine andere Sprache gibt, die so viele Wörter aus einer anderen Sprache entlehnt oder sogar komplett übernimmt, wie das Deutsche aus dem Englischen. Und es reicht ja nicht, Wörter zu entlehnen… man erfindet sogar neue im Ton der anderen Sprache, die sowohl die eigene, als auch die fremde Sprache vergewaltigt. Warum tun wir Deutschen sowas? Schämen wir uns so sehr? Oder gibt es andere Erklärungen dafür?

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    1. Ja, was ist die Erklärung? Die traditionelle bhutanesische Kultur ist in Gefahr, weil die jungen Leute dort jetzt Mobiltelefone haben und es am kuhlsten finden, Ton, Kleidung und Gehabe koreanischer „Staars“ nachzuäffen.
      Für Deutschland gelten wahrscheinlich Besonderheiten. Zum einen sind wir eine „widerlegte Nation“ (A. Gehlen), deren Kultur und dmit Sprache eine Ablehnung durch die Deutschen selbst erfährt. Und die allgemeine Antwort findet man wohl u.a. in der „Dialektik der Aufklärung“ (Horkheimer und Adorno) – die globalisierte und massenmedialisierte Gesellschaft erzeugt sprachliche und mimetische Elemente, welche sowohl personale als auch regionale Individualität radikal einebnet, das Verhalten in menschheitsgeschichtlich einmaliger Weise uniformiert, und es dann auch noch schafft, das Ganze als Ausdruck von Individualität, Freiheit und Lebensfreude zu etikettieren. WOW!

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