Aus dem fahrenden Auto heraus sehe ich eine junge Frau an der Fußgängerampel stehen, Mutter mit einem etwas nachlässig aussehenden Kinderwagen. Aber die Frau selbst erscheint in schlichter und formvollendeter Eleganz. Schwarzes Haar, eine leuchtendrote Bluse, darunter ein langer schwarzer Rock. Und ich sehe wie sie, an der Ampel stehend, den linken Arm nach unten hängend, die Finger der linken Hand leicht auseinanderspreizt; eine grazile und leichte Geste inmitten des Verkehrs um sie herum; auf die ich schaue als einzigem poetischen Moment in diesen Sekunden. Scheinbar nutzlos, zweckfrei ist die Geste im Leben dieser Frau, und vielleicht gerade deshalb wichtig. Vielleicht ist die Geste ein Rest jener Zweckfreiheit, eines halbbewußtes Tuns, das nur der Schönheit dient, das ihr – als Luxus – in ihrem Jungmutterleben geblieben ist; sieht aus wie das Gefiederspreizen eines Vogels, der sich zeigt, sich putzt oder zum Abflug vorbereitet.

 

 

Bild von Iris Kannenberg auf Pixabay

 

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