Früher einmal hat es in Wörding einen Wienerwald gegeben. Der Wienerwald war eine Hendlbraterei, die dafür da war, dass die Mutter am Sonntag nicht kochen mußte. Weshalb der Lockspruch des Wienerwald lautete: „Heute bleibt die Küche kalt, heut gehn wir in den Wienerwald“.

Ein gebratetenes Hendl, ein „Hähnchen“ wie es im Hochdeutschen heißt, war damals ein Festschmaus. Das war bevor der Mäckdonalds gekommen ist. Seit der Mäckdonnlz nämlich seinen Einzug gehalten hat, ist der Wienerwald verschwunden. Die Gründe für das Aussterben des Wienerwalds liegen wohl darin, dass er im Gegensatz zu den amerikanischen Pappfrikadellenausgabestellen nicht cool genug war. Da hat er halt Pech gehabt der Wienerwald, so schauts eben aus, wenn die Coolness einmal Einzug hält in die Gesellschaft. That’s life, Wienerwald, got it!?

Zwar hat der Wienerwald wie gesagt nicht überlebt, wohl aber haben die Hendln zumindest auf sprachlichem Gebiet Einzug in die neue Zeit gehalten. Da ist allerdings nicht mehr vom Hendl mit langem eee die Rede, vielmehr vom Händln. Das frühere Geflügelwort ist also irgendwie in die neue Zeit hinübergeflattert und hat dabei nicht etwa Federn gelassen, sondern nur den Vokal gewechselt. Cool!
Früher hat man allerdings auch nicht ge-händlt, sondern man hat eine Sache oder eine Angelegenheit ge-handhabt oder man ist mit ihr um-gegangen respektive ver-fahren. Das wiederum praktische am Hendln beziehungsweise Händln aber ist, dass man anstatt vieler verschiedener Worte, die man sich ja auch noch merken müßte, nur noch eines braucht. One size fits all gewissermaßen.
So fragt der moderne Hausmann einen anderen Hausmann nicht mehr, was er denn alles in den Kuchen hineingetan hat, nein: er fragt, wie jener denn die Zubereitung dieses köstlichen Backwerks ge-hendlt habe. Und in der geselligen Runde wird auch nicht mehr gefragt „wie macht ihr das denn mit dem Urlaub dieses Jahr“ – nein, die Frage lautet richtig: „wie hendlt ihr das denn mit dem Urlaub dieses Jahr?“. Überhaupt und sowieso ist das Hendln eine viel größere Sache wie das Handhaben, Umgehen mit usf. Das Hendln ist ja irgendwie internänschnel und global, es läßt einen über einen selbst hinauswachsen und kennt keine Grenzen. Früher hat man in Wörding aus dem Fenster geschaut, wie das Wetter wird und überlegt, was es zum Mittagessen gibt, heutzutage hendlt man globale Krisen, wie man bei den Zeugen Gretas gut beobachten kann.

Wir sehen also, alles wird größer, bunter und schneller, sodaß wir schauen müssen, wie wir es ge-hendlt kriegen.  Abgesehen von der Sprache, die wird nämlich immer fremder und einfältiger. Aber, so wird man entgegnen, das ist doch eine Ansicht so alt wie das Bratfett aus der vormaligen Hendlbraterei Wienerwald. Aber das bekommen wir auch noch gehendlt. Oder?

 

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