Wenn wir an Friedrich Hölderlin denken, dann denken wir vor allem an einen Sucher. An einen Suchenden, dessen Suche uns tragisch anmutet. Und wir denken an einen, dessen Suche unablässig war. An einen, der, trotz der widrigsten Umstände, nie aufgehört hat zu suchen. Und wir denken an einen, der ein literarisches Werk hervorgebracht hat, das viele andere Suchende, bis in die Jetztzeit hinein, angezogen hat und anzieht.
Man kann Friedrich Hölderlins Werk unter vielen Aspekten betrachten und würdigen. Unter dem literarischen, dem historischen, dem poetischen oder auch unter dem psychiatrischen Blickwinkel.
Sicherlich spielen seine frühen Verluste eine Rolle für seinen Lebenslauf und für sein Schaffen. Der leibliche Vater starb als er zwei war, wenig später die ihm nachgeborene Schwester. In seinem neunten Lebensjahr verstarb dann auch der Stiefvater.
Diese frühen Verluste mögen ein entscheidender Grund für Hölderlins lebenslange, und letztlich in einer Weise vergebliche, Suche gewesen sein. Er suchte letztlich das, was alle Menschen suchen, nämlich eine glückliche Balance zwischen einerseits der guten und tröstenden Eingebundenheit in soziale und gesellschaftliche Zusammenhänge. Und auf der anderen Seite die Freiheit, der zu werden, der man ist.
In dieser Suche bezog sich Hölderlin zum einen auf männliche Begleiter und Vorbilder, wie Friedrich Schiller. Und, wie viele Geistesgrößen seiner Zeit, verklärte er die Französische Revolution als die ersehnte Lösung, sich aus der Knechtschaft der bestehenden tyrannischen Verhältnisse hin zu Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit entwickeln zu können. Diese Hoffnung zerstob.
Wie Goethe wandte Hölderlin sich anschließend den antiken, den griechischen Idealen zu und das ideale, das idealisierte Griechenland wurde ihm nicht zuletzt im Hyperion zum gelobten Land.
Man könnte sagen, Hölderlin sei in seiner Suche irre geworden. Dies wurde ihm damals von ärztlicher Seite bescheinigt und er mußte sich 1806 einer stationären Zwangsbehandlung unterziehen, deren Wirkung letztlich nur in einer weiteren Traumatisierung bestand. Fortan lebte Hölderlin in seinem berühmten Turm in Tübingen. Eine empfindsame Seele, früh verletzt und unbeheimatet, suchend und zu wenig findend, hat er uns ein Werk hinterlassen, in dem Suchende sich wiederfinden können.
Hinterlassen hat er uns aber auch den berühmten Satz, der vielleicht gerade in der jetzigen Zeit als Trostsatz herausragende Gültigkeit haben mag:
Wo aber Gefahr ist, wächst Das Rettende auch