Heute ist der längste Tag des Jahres, die Hochzeit des Lichts. Das Leben feiert sich selbst. Alles Dunkel scheint überwunden, für alles Aufstrebende scheint es nun keine Grenzen zu geben.
Im Jahreskreis der nördlichen europäischen Völker heißt die Sommersonnwende Litha, benannt nach der Mondgöttin. Dies scheint für den Zeitpunkt des längsten Tages und der kürzesten Nacht zunächst paradox.

Der an diesem Tag wie an keinem anderen herrschende Sonnengott aber vermählt sich in der Nacht mit Litha, der Mondgöttin, und so überträgt sich seine Kraft in die Erde und läßt alles Leben gedeihen.

Feiern wir also diesen Tag und behalten wir die selige Leichtigkeit des Sommers in unseren Herzen, auch wenn das Dunkel sich wieder hereinsenkt. Erinnern wir uns immer daran, wie wir schwebten, wie alles in uns nach oben strebte, in die Weite, ohne Anstrengung, in schier unendlicher Leichtigkeit. Und vergessen wir nicht: wir wissen nur, was Dunkel ist, weil wir das Licht kennen. Mögen wir so diesen Tag feiern und alle Tage, die da kommen.
Sonnenwende
Nun die Sonne soll vollenden
Ihre längste, schönste Bahn,
Wie sie zögert, sich zu wenden
Nach dem stillen Ocean!
Ihrer Göttin Jugendneige
Fühlt die ahnende Natur,
Und mir dünkt, behutsam schweige
Rings die abendliche Flur.
Nur die Wachtel, die sonst immer
Frühe schmälend weckt den Tag,
Schlägt dem überwachten Schimmer
Jetzt noch einen Weckeschlag;
Und die Lerche steigt im Singen
Hochauf aus dem duft`gen Thal,
Einen Blick noch zu erschwingen
In den schon versunknen Strahl.
Ludwig Uhland
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