Wie ich hier möglicherweise schon einmal angedeutet habe, erreiche ich noch dieses Jahr das Seniorenticketalter. Dies macht zwar einiges schwerer, vieles aber auch leichter. Z.B. läßt so mancher Alltagsehrgeiz, der mich früher des öfteren anflog, einfach nach.
Naja, nicht immer. Gestern war Mittwoch. Und mittwochs fahre ich immer mit dem Fahrrad in die Praxis. Eine schöne Strecke, zumindest der erste Teil, denn er führt am Neckar entlang, bevor man dann nach ein paar Kilometern in Beton- und Asphaltwelten der Großstadt eintaucht.
Ich fädelte also auf den Fahrradweg ein. Kurz vor mir ein Rentner, ein Herr, der 10 Jahre älter als ich sein mochte. Mit ein wenig Anstrengung zog ich, souverän praktisch, an ihm vorbei. Während des Überholvorgangs aber aktivierte er seine Kräfte, sodaß ich ich nachziehen mußte (mußte ich?). Ich war also vorn, bemerkte aber, dass mein Tempo schneller war als sonst. Muß das sein? sagte eine Stimme in mir. Fahr doch einfach gemütlich deinen Strecke, schau aufs Wasser, hör die Enten schnattern und alles ist gut. Nein! meldete sich der Ehrgeizteil, ich will’s wissen!
Ich blieb also für zwei bis drei Kilometer vorn, der Alte um zwei Längen hinter mir. Bei Neuostheim, hinter dem ehemaligen Campingplatz, kommt ein Anstieg. Und genau da zog der Rentner auf seinem alten Fahrrad an mir vorbei. Meine Blicke suchten das Gestell seines Rads nach einem Akku ab – Fehlanzeige. Er war einfach schneller. Nagut, dachte es in mir, man muß auch mal verlieren können. Oben schien ihm die Luft ausgegangen zu sein, er blieb stehen. Ich fuhr langsam an ihm vorbei und gratulierte ihm zum Gewinn der Bergwertung. Wir lachten beide und ich fuhr weiter.
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