Wann immer ich den den grenzenlosen Ton höre,
In der Tiefe der Nacht, oh Mutter,
Finde ich dich wieder
Kyozan Joshu
Dieses Kurzgedicht des Zenmeisters Kyozan Joshu spricht eine Ursehnsucht und eine Urangst der Menschen an: das Bedürfnis nach und die Angst vor dem Verlust der Mutter. Zunächst ist die eigene, persönliche Mutter gemeint. Das Gedicht weist aber über das Persönliche hinaus auf die Große Mutter, das Mütterliche an sich, das jeder Mensch im besten Falle als Kind in nährender und liebender Weise erfahren hat. Mit dem Erwachsensein findet traditionell die Anbindung an das Mütterliche an sich statt. Sei es Mutter Erde, die Jesusmutter Maria oder Guanyin, der weibliche Buddha des Mitgefühls.
Das Gedicht beinhaltet eine innere Suchrichtung. Das Hören des Tons setzt ein offene Haltung für diesen Ton voraus. Warum ist der Ton grenzenlos? Weil er transpersonal ist, er weist über den einzelnen Menschen hinaus. In dieser offenen Haltung wiederum läßt sich das Hören des Tons, der Trost im Gefühl des Un-Gehaltenseins finden.
In der späten Moderne lieferte John Lennon mit seinem Lied „Mother“ einen Klagegesang, der das Ungeströstetsein beschreibt, das aus dem vergeblichen Suchen nach der Mutter, dem Mütterlichen erwächst. Wir finden das Motiv auch wieder in Richie Havens „Sometimes I feel like a motherless child“.
Kalligraphie: © Hans Neidhardt 2019
Lesen Sie auch: Letzte Sätze, Folge 7
Danke – vor allem für die Übersetzung.
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Was steht denn da in dem Kreis? Ich kann es leider nicht richtig lesen…
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Ich lese es als „spiro ergo sum“ – Ich atme also bin ich!
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