Es gab ja bereits letztes Jahr hier in der Radikalen Poesie eine „Sommer“- Serie – Lieder zum Sommer und auch einen Filmschnippsel aus Sommer von Eric Rohmer.
Natürlich durfte da Summertime von George Gershwin nicht fehlen. Welche Version des Liedes paßt zu Sommerabenden, die man in der Weite der Mecklenburgischen Schweiz, umgeben von Apfelbäumen, verbringt? Miles Davies? War letztes Jahr schon im Programm. Wes Montgomery? Wundervoll, aber im Tempo zu großstädtisch. Chet Baker (für mich der „weiße Miles“)? Sehr schön, aber für mein Empfinden nicht in den Kontext passend. Sie ist, wie vieles Jazzige, ein wenig zu „dirty“. Der Naturkontext braucht etwas reineres. Eine Soloversion von Joe Pass? Der Mann hat es mit seiner Gitarre in einzigartiger Weise vermocht, als Solist Rhythmus- und Melodieteile eines Stückes so miteinander zu verweben, dass eine Einheit entsteht. Dies mit einer Unaufgeregtheit und gelassener Hingabe, die ich immer wieder faszinierend finde. Aber irgendwie paßt auch diese Version nicht.
Ich höre Originalfassungen mit Gesang durch. Aber die meisten Soprane sind nicht so mein Geschmack. Eine andere Orchesterfassung, in die ich hineinhöre, ist mir zu kitschig. Und dann lande ich bei einer Version des Philharmonischen Orchesters von Novosibirsk. Ich stelle es mir dort sehr kalt vor. Ob es dort Apfelbäume gibt? Es sei den Novosibirskern zu wünschen. Womöglich haben sie aber angesichts der kalten Winter eine große Sommersehnsucht und eben deshalb gelang ihnen eine, wie ich finde, schöne Version von Summertime.
Und so müßte dieser Beitrag eigentlich Wie ich einmal nach einer Version von „Summertime“ suchte, die zur Abendstimmung unter Apfelbäumen in der Mecklenburgischen Schweiz paßt heißen. Aber wer würde sowas lesen wollen? Nunja – vielleicht Sie?