Es ist viele Jahre her, dass ich auf Wolf-Dieter Storl aufmerksam geworden bin. Ein Freund, der seine Bücher kannte, erzählte mir von ihm. Ein Waldkundiger sei er, einer, der ein tiefes Wissen über unsere Verbindung zur Natur habe.

Zum Geburtstag bekam ich von ihm „Ich bin ein Teil des Waldes“ und ich war gefesselt von Storls Erfahrungswelt, von seiner Erzählkunst, die so leicht daherkommt und dabei eine Tiefe spürbar werden lässt, die man in der heutigen Welt ansonsten so sehr vermisst. Da begegnete mir ein Mensch, der wirklich und authentisch in Verbindung ist mit der Natur und der ihr innewohnenden Kräften. Auf Du und Du mit den Pflanzen und den geistigen Ebenen, die alles verbinden.
Seine Bücher habe ich danach förmlich gefressen, ich konnte nicht genug davon bekommen.

Als ich „Ursprung und Weg des Menschen“ las, haben sich mir, der sich seit langem aus psychologischer Sicht mit Anthropologie beschäftigt, neue Räume des Verstehens erschlossen. Storl ist jemand, der ein tiefes Verständnis davon hat, was Menschsein bedeutet und der uns dieses Verständnis auf seine unvergleichliche Art nahebringen kann.
Wenn man sich im Internet aufgezeichnete Gespräche mit Wolf-Dieter Storl anschaut oder wenn man ihn auf einem Vortrag erlebt, dann kann man Zeuge werden, wie er manchmal kurz innehält, die Augen schließt und dann, aus seinem tiefen Inneren schöpfend, von den geheimnisvollen Zwischenwelten berichtet, die wir oft nur erahnen können, wenn wir den Zauber eines Waldes erleben, er sich unserem gewohnten Begreifen aber entzieht.

Wolf-Dieter Storl schafft es, uns im scheinbar Banalen die wunderbare Welt der Pflanzen nahezubringen. Auf einem kurze Stück Weg, von einem Wohnhaus zur Garage, entdeckt er in den Ritzen und Nischen von Pflaster und Gemäuer, entdeckt er eine Pflanzenvielfalt, die sich dem Alltagsblick entziehen oder die wir schlichtweg für Unkraut halten (zu sehen z.B. im Filmdokument eines Gesprächs mit Max Otte, der ihn interviewte).
Er freut sich über jede Pflanze, eine leichtfüßige Ehrfurcht ohne jede Steifheit vor jedem dieser Pflänzchen ergreift ihn und er erzählt eine Geschichte über ihre Herkunft, ihre Namensgebung in verschiedenen Gegenden und ihre Heilkraft.  Ich jedenfalls könnte ihm stundenlang zuhören und er rührt etwas in mir an, eine tiefe Resonanz mit der Natur kommt in Schwingung. Das geht wohl nicht nur mir so, denn mittlerweile hat er ein großes Publikum.

Dass es mehr gibt zwischen Himmel und Erde als das, was wir sehen, riechen und hören, durfte ich 2020 erfahren. Ich war auf der Kanareninsel La Palma, Corona trieb gerade die ganze Welt um und nachdem tagelang alle Flüge storniert worden waren, hatte ich mit Müh und Not glücklich ein Ticket für den Rückflug nach Deutschland ergattert. Die ganze Aufregung hatte mein Nervenkostüm kräftig beansprucht und so war mir übel und schwindlig, als ich mit dem Wagen die kurvige Strecke zum Flughafen nahm. Ein Bedürfnis ließ mich auf einem Parkplatz halt machen. Da kam mir Wolf-Dieter Storl in den Sinn; ein Spruch von ihm, dass einem oft die Pflanzen über den Weg laufen, die man gerade braucht. Und tatsächlich: mit einem Mal standen da große wilde Fenchelpflanzen vor mir. Sie sind äußerst schmackhaft und dem Magen und der Verdauung sehr zuträglich. Ich genoss reichlich davon und gleich ging es mir besser.

Nur wenig später stellte ich den Mietwagen im Parkhaus des Flughafens ab und nahm mein Gepäck aus dem Wagen. Im Augenwinkel sah ich eine männliche Gestalt in ein paar Metern Entfernung entlanglaufen. Das war doch – tatsächlich, da ging er, Wolf Dieter Storl! Herr Storl! rief ich ohne jede Überlegung. Er stutzte, blieb stehen, lächelte freundlich und fragte, ob wir uns kennen. Nein, sagte ich, wir kennen uns nicht, aber ich kenne Sie aus vielen Büchern und auch auf La Palma waren wir uns einmal kurz begegnet. Wir führten ein nettes kleines Gespräch, er erzählte, dass er auf der Insel an seinem neuen Buch geschrieben habe und jetzt auf der Suche nach einem Rückflug wäre. Ich gab ihm eine Empfehlung und bevor wir uns verabschiedeten, bat ich ihn, ein Foto von ihm machen zu dürfen. Er schlug ein Selfie von uns beiden vor. Gesagt, getan. Dann gingen wir auseinander.

Am 1. Oktober ist Wolf-Dieter Storl 80 Jahre alt geworden. Er ist einer der großen Weisen, die wir in unserem Land und in unserer Kultur haben. Es wäre uns zu wünschen, dass noch mehr Menschen sich dem Wissen und der kontemplativen Haltung der Natur gegenüber, die Wolf-Dieter Storl fast nebenbei lehrt, öffnen können. Er zeigt uns das Tor, unseren Zugang zu unserer eigentlichen Natur. Diese Verbindung könnte uns versöhnen mit uns selbst, unseren Mitmenschen und der Natur. Es wäre der Weg des friedvollen Miteinanders aller Wesen. Dafür steht Wolf-Dieter Storl. Und dafür gebührt ihm tiefer Dank. Alles Gute, lieber Wolf-Dieter Storl und auf viele gesunde Jahre!  

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