Im Jahreskreis sind wir nun im Frühling angekommen. Das Leben erwacht aus dem Winterschlaf und drängt zum Licht. Am 20. März, der Tagundnachtgleiche, beginnt nun auch kalendarisch das Frühjahr

Ostara und Freya, die Göttinen des Frühlings und der Fruchtbarkeit, haben die Szene betreten. Im ewigen Kreislauf von Stirb und Werde ist nun das Werden im Vordergrund. Nun darf keimen und wachsen, was angelegt ist in der Welt, in der Erde und in uns.

Die Energie des Frühlings entspricht im Organkreislauf Leber und Gallenblase. Die zugehörigen Emotionen sind Zorn und Ärger. Beide müssen kultiviert werden und ihren Ausdruck finden. Wenn wir uns nicht ins Leben, in die Welt bringen, sondern das Alte in uns feststeckt, nicht in den Fluß kommt und stockt, wird es gärig und giftig und platzt als unappetitliche Energie in die Umgebung. Wenn wir den Ruf  in uns spüren und uns der drängenden Frühlingskraft anvertrauen, dann wird die Frühlingsenergie zum produktiven und gedeihlichen Element.

Die Grünkraft ist nicht aufzuhalten

Die Pflanzen machen es uns vor. Ihre Samen sind angeweht oder vom letzten Herbst noch im Boden. Die mehrjährigen unter ihnen, auch die großen Bäume, nehmen nun die Kraft von Mutter Erde und Vater Sonne und wachsen hinein in die Welt. Wenn wir auch nur Augenblicke so sein können wie sie – wie die Lilien auf dem Feld, heißt es in der Bergpredigt – , können wir großes Glück erleben.

Hildegard von Bingen nannte die Kraft, die nun wirkt Viriditas, die Grünkraft oder auch das lebendige Grün. Für sie war es eine göttliche Kraft, welche das Leben entstehen lässt und Heilung bewirken kann. Sie schreibt: „Die Seele ist die grünende Kraft des Leibes“. Die Grünkraft ist die Voraussetzung allen Lebens, sie bringt das Leben zur Entfaltung. Wenn wir uns dieser Kraft hingeben, sie in uns aufspüren und unsere innere Natur verbinden mit der Äußeren, dann schöpfen wir aus der Großen Kraft, dem Qi oder Ki, wie es die antiken asiatischen Kulturen nannten.

Aber auch in der antiken Tradition Europas kennen wir diese Kraft. Das Wort psyche bedeutet ursprünglich Atem, Hauch, also das Prinzip der Belebtheit, und Aristoteles nannte die Seele das „lebendige Prinzip des Körpers“.

Der Grüne Mann als gotische Blattmaske

Neben den weiblichen Figuren Ostara und Freya gibt es in der europäischen Antike die männliche Figur des Grünen Mannes. Der „Grüne Mann“ ist eine spätere Bezeichnung männlicher Naturgottheiten, welche bereits bei den Kelten und den Römern als Cernunnos bzw. Bacchus bekannt waren. Die Griechen nannten ihn Dyonisos.

Uns heutigen Menschen der ZUVIELisation ist diese Fähigkeit stark abhanden gekommen. Wir müssen – oder dürfen – sie kultivieren. Dafür bedarf es nicht immer einer formalen Übung. In den Wald oder in den Garten zu gehen verbindet uns wieder mit der Natur und den spontanen Abläufen. Denn in Wahrheit ist nicht da der Mensch und dort die Natur. Wir sind Natur und es ist gut, sich gelegentlich daran zu erinnern.

Der Frühlingsbeginn am 20. März, die Tag-und-Nachtgleiche, ist eine hervorragende Gelegenheit dafür.

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Bilder/Fotos: pixabay

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